Ichsüchtige Motivation

Extrahiert aus The Zen Teaching of Homeless Kodo
English version: Self-Centered Motivation

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KODO SAWAKI:
Gutes tun kann schlecht sein. Manche Menschen tun Gutes, damit sie selbst gut dastehen.

KOSHO UCHIYAMA:
Nehmen Sie mal an, jemand besucht Leute in Langzeitpflege, bringt Geschenke und sagt: “Ich möchte Ihnen dabei helfen, Krankenpflege zu bekommen und Sie sich so angenehm wie möglich zu erholen.” Dann lässt er sich für ein politisches Amt aufstellen, und sagt während des Wahlkampfs, “Freut mich, Sie kennenzulernen! Ich unterstütze Patienten im ganzen Land. Falls ich gewinne, setze ich mich daran, für Sie bessere Anlagen zu errichten.” Er gewinnt und wird Politiker. Während er daran arbeitet, für Patienten bessere Anlagen zu errichten, nimmt er Schmiergelder und stopft sich die eigenen Taschen voll. Unterstützt er die Patienten, oder nutzt er sie aus? Das ist eine sehr schwierige Frage. Ich bedaure, dass dies oft der Weg der Gesellschaft ist. Wir sollten uns selbst nach uns selbst beurteilen, als ob wir am Jüngsten Tag alleine vor Gott stünden.

In Japan sind wir zur Zeit von der Regierung enttäuscht, denn es gibt kaum welche, die ihren Reichtum der Politik widmen, so wie in den Meiji und frühen Taisho Zeiten. Jetzt gebrauchen die meisten Politiker ihre politischen Aktivitäten dazu, ihren persönlichen Besitz zu bereichern. Die Religion ist genauso.

Je nachdem, ob wir des persönlichen Profits wegen an Religion glauben, oder unseren gewinnsüchtigen Geist des Glaubens wegen loslassen, ändert sich die Bedeutung unserer Praxis vollkommen. Der Erstere ist ein Ketzer, welcher Gott oder Buddha ausnützt, während der Letztere ein wirklich religiöser Mensch ist. Wenn sich jemand vor Gott oder Buddha niederwirft und andächtig betet, dann ist es von außen unmöglich zu beurteilen, ob sein Glaube echt oder falsch ist. Es hängt davon ab, ob wir Nutzen für uns selber, andere oder den Buddha suchen. Selbst ein Heiliger, welcher von vielen respektiert wird, könnte von subtilen egoistischen Motiven angetrieben sein.

KODO SAWAKI:
Wir müssen alle mit weit offenen Augen über unsere Motivationen nachdenken. Bevor wir es mitkriegen, setzen wir uns in Szene, um unsere Beliebtheit besorgt wie ein Entertainer. Wenn unsere Praxis eine Vorführung für ein Publikum ist, kann sie nicht Buddhadharma sein.

SHOHAKU OKUMURA:
Dieses Kapitel dreht sich wieder um die Verunreinigung in der tiefsten Geisteslage.

Selbst, wenn wir Gutes tun, können wir mit oder ohne Absicht unheilvolles Karma schaffen. Wir müssen unsere Motivation vorsichtig unter die Lupe nehmen. Es ist einfacher, verworrenes Karma zu identifizieren, wenn wir mit unheilvollen Taten andere beunruhigen, als wenn wir versuchen hilfreich zu sein; selbst wenn wir unser schlechtes Benehmen erst nicht erkennen, so werden es uns andere durch ihren Rat, Tadel, Ärger, oder Widerwillen wissen lassen. Aber wenn wir mit unseren guten Taten verworrenes Karma schaffen, dann sind die Leute meistens froh und loben uns, und wir sind unsererseits stolz auf unsere Handlungen. In solchen Fällen kann es sehr schwierig sein, die tiefe und subtile Ichsucht in unserer Gutmütigkeit zu erkennen. Deshalb ist das Praktizieren des Zazen zum Zweck der Reue signifikant. Im Zazen können wir uns nicht vor uns selbst verstecken. Wie es im Kanfugenbosatsugyohokyo steht, “Wer reuig sein will, soll aufrecht sitzen und der wahren Wirklichkeit achtsam sein.”

Als ich in meinen Dreißigern war, unterstützte ich meine Praxis für ein paar Jahre mit Betteln. Ich war der Verwalter in einem kleinen Tempel, saß Zazen, und hielt jeden Monat mit ein paar Leuten ein fünftägiges Sesshin. Ich arbeitete auch daran, Bücher von Dogen Zenji und Uchiyama Roshi vom Japanischen ins Englische zu übersetzen. Ich bettelte ein paar Mal im Monat und bekam kaum genug für Krankenversicherung, Energieversorgung, Telefon und Nahrung.

Während des Bettelns bekam ich manchmal Schuldgefühle. Menschen spendeten Geld, ohne zu wissen, wer ich war, oder was ich tat. Sie vertrauten einfach meinen buddhistischen Roben. Jenen, die mein Leben und meine Praxis unterstützten, keinen Gegendienst leisten zu können, war der Ursprung meines Schuldgefühls. Ihre Leben wurden durch mein Zazen und meine Übersetzung nicht bereichert. Japaner brauchen keine englischen Übersetzungen buddhistischer Texte.

Als ich einmal betteln war, sagte ein etwa zehnjähriger Junge zu mir, “Du willst Geld, nicht wahr?” Diese Frage wurde zu meinem Koan. Ich konnte es nicht verneinen, denn wenn ich bettelte, hoffte ich Geld zur Unterstützung meines Lebens und meiner Praxis zu erhalten. Aber wenn ich wirklich aufs Geld aus war, dann würde ich nicht betteln; ich kannte effizientere und leichtere Methoden, Geld zu machen.

Ich glaubte, ich machte Zazen und Übersetzung um des Dharma willen, und nicht für meinen eigenen Nutzen, aber ich wusste nicht, ob irgendjemand an Zen Texten Interesse haben würde, welche von einem japanischen Praktizierenden, der weder ein Gelehrter noch ein Berufsübersetzer war, ins Englische übersetzt wurden. Ich musste meine Motivation prüfen. War diese Lebensart wirklich für das Dharma, oder diente sie bloß zur Unterstützung von Aktivitäten, die auf meinen persönlichen Vorzügen basierten?

Jetzt, dreißig Jahre später, schätzen einige Leute meine Arbeit, also kann ich behaupten, dass meine damalige Tätigkeit einen Nutzen hatte, aber damals konnte ich das nicht wissen. Im Grunde genommen war meine Veranlassung gemischt: Ich hoffte, meine Arbeit würde von Nutzen sein, und sie gefiel mir. Der springende Punkt ist, dass man seine Motivationen ständig untersuchen muss. Sich selbst zu beurteilen ist sehr schwierig; wir glauben leicht, dass unsere Beweggründe gut sind, und wir können sogar von unseren guten Absichten berauscht werden. Aber im Zazen lassen wir auch diesen Glauben los—dass wir gut sind. Wir tun einfach was wir tun um seiner selbst willen.

© 2014 Shohaku Okumura. All rights reserved

Image: “Outstretched Hand” by Sarah Joy. Chalk & charcoal on cardboard [CC-BY-SA 2.0], via Flickr

3 thoughts on “Ichsüchtige Motivation

  1. Layne

    Not interested in your German language blog. I can’t read this. I’ve asked before, please only send me notifications for English posts. Thanks.

    1. layman genki Post author

      Hello Layne,

      As a follower, you’re notified on all our posts. They reach an international audience. We’ve recently been translating existing material for our friends in Germany. If you’re interested in following our content, you’ll find a link to the English translation above Sawaki Roshi’s photo, just beneath the link to the Kodo study page. That’s two ways you might find material of interest. A third would be following the “Study” link on the main navigation bar at the top of the page. It will take you to all published versions of the titled work and more.

      We plan to post a final German translation in this series soon.

      May all beings be happy.

  2. Barbara Lutz

    Thank you for translating the text into German! The newsletter is very welcome! Danke!
    Herzlichst from deep of the heart
    Barbara Ryoshun

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